Wie steht es um das Recht auf Reparatur in Deutschland und der EU? Ein Zwischenstand

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Vielversprechend klangen die Ankündigungen der Bundesregierung vor einem Jahr: Die Bürger*innen in Deutschland sollen ein Recht auf Reparatur bekommen und ihre Produkte länger nutzen können. Auch die EU versprach, 2022 einen Vorschlag für eine Initiative zum Recht auf Reparatur vorzulegen. Wie sieht es nun, Ende des Jahres 2022, aus? Was ist im vergangenen Jahr passiert?

Spoiler: Leider nicht viel.

Kein Aktionsprogramm zur Reparatur in Sicht

Kurz nach Amtsantritt kündigte die Ampel-Koalition ein Aktionsprogramm an, um Reparaturen bundesweit zu fördern. Die Inhalte des Programms stehen jedoch ein Jahr nach Regierungsbildung noch nicht fest – die Veröffentlichung der Strategie verschiebt sich von Monat zu Monat. Statt noch vor der Sommerpause, wie es ursprünglich hieß, im Kabinett besprochen zu werden, befindet sich das Aktionsprogramm noch immer im Entwurfsmodus. Aussagen über mögliche Veröffentlichungstermine gibt es weit und breit keine.

Was das Aktionsprogramm zudem höchstwahrscheinlich nicht enthalten wird, ist ein bundesweiter Reparaturbonus. Damit vergibt die Regierung die Chance, Reparaturpolitik als Entlastungspolitik zu nutzen. Denn wer Reparieren wieder attraktiver macht, entlastet nicht nur unseren Ressourcenverbrauch, sondern auch die Bürger*innen finanziell. Die kurzfristige Subventionierung von Reparaturen über einen Reparaturbonus würde es Bürger*innen erlauben, defekte Geräte günstig reparieren zu lassen. Ausgaben für einen Neukauf lassen sich so vermeiden. Solche Programme wurden bereits in Österreich und Thüringen eingeführt und von den Bürger*innen dort sehr gut angenommen. Und auch in Frankreich werden Bürger*innen sich Reparaturkosten ab 2023 teilweise erstatten lassen können.

Sowieso nehmen einige unserer europäischen Nachbarn es ernster mit der Reparaturförderung als Deutschland. So erleichtern der in Frankreich eingeführte Reparaturindex, der auch den Ersatzteilteilpreis als Kriterium bewertet, und die in verschiedenen europäischen Ländern genutzte Mehrwertsteuersenkung auf Reparaturen nicht nur das Reparieren an sich, sondern treiben auf die EU-Gesetzgebung voran.

Brüsseler Mühlen mahlen langsam

Apropos EU: Auch die Brüsseler Gesetzgebung stockt. Im Juli hatte die EU-Kommission ursprünglich ihren Vorschlag für ein „right to repair“ präsentieren wollen. Alsbald verschob sich der Termin auf Ende November. Im Oktober dann die Nachricht: Ein Kontrollausschuss der EU-Kommission hat sein Veto eingelegt und die Initiative liegt erst einmal auf Eis. Das zweite Kreislaufwirtschaftspaket, das die EU-Kommission am 30. November vorstellte, enthielt also kein Recht auf Reparatur. Die Gründe für das Zurückziehen der Initiative sind unklar: Das Regulatory Scrutiny Board, so der Name des Ausschusses, veröffentlicht keine Begründungen für seine Entscheidungen. Klar ist nur, dass das Gremium nicht zum ersten Mal eine wichtige umweltpolitische Initiative verzögert.

Immerhin wurden in Brüssel in diesem Jahr aber auch ein paar wichtige Meilensteine erreicht:

  • Mit dem im März präsentierten Vorschlag, die Ökodesign-Richtlinie zu überarbeiten und auf weitere Produktgruppen auszuweiten, hat die EU-Kommission einen wichtigen Schritt für nachhaltigere Produkte in Europa getan.
  • Die Initiative „Empowering Consumers for the Green Transition“, die ebenfalls am 30. März von der EU-Kommission vorgestellt wurde, soll es Verbraucher*innen erleichtern, Informationen über die Verfügbarkeit von Ersatzteilen und Reparaturanleitungen zu erhalten. Solange es keinen Reparaturindex für Produkte gibt, der solche Angaben darstellt, kann dies eine gute Hilfestellung beim Kauf sein.
  • Im November einigten die Mitgliedstaaten und die EU-Kommission sich endlich auf Ökodesign-Anforderungen für Smartphones und Tablets – darauf hatten Reparaturaktivist*innen seit vielen Jahren gewartet. Die Einführung von Regeln für die Reparierbarkeit dieser Produkte ist definitiv ein erster wichtiger Schritt, wir bedauern aber die verpasste Chance, Grundlagen für ein echtes Recht auf Reparatur einzuführen. Zudem werden wir auf die Auswirkungen dieser neuen Anforderungen noch eine Weile warten müssen.

Sowohl auf nationaler als auch europäischer Ebene sind Maßnahmen notwendig, die nicht nur die Art und Weise, wie Produkte designt werden, regeln, sondern auch solche, die schnell und unkompliziert dazu beitragen, dass Reparieren wieder einfacher und günstiger – also attraktiver – wird.

Weitere Vorschläge, wie das gelingen kann, formulieren wir im Forderungspapier an die Bundesregierung von Februar 2022.