Bundesweiter Reparaturbonus als Entlastungsmaßnahme

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Steigende Lebenshaltungskosten und Unsicherheit über die Entwicklung der nächsten Monate führen dazu, dass immer mehr Menschen sich Gedanken darüber machen (müssen), wofür sie Geld ausgeben und wofür nicht.

Die Bundesregierung versucht die Bürger*innen mit Entlastungspaketen zu unterstützen, hat bisher jedoch eine einfache, aber sinnvolle Maßnahme noch nicht in Angriff genommen: Die kurzfristige Subventionierung von Reparaturen. Ein Reparaturbonus würde es Bürger*innen erlauben, defekte Geräte günstig reparieren zu lassen. Ausgaben für einen Neukauf lassen sich so vermeiden. Reparaturbonus-Programme wurden bereits in Österreich und Thüringen eingeführt und von den Bürger*innen dort sehr gut angenommen.

Die Art der Förderung ist überall ähnlich: Verbraucher*innen können sich einen Teil der Reparaturkosten erstatten lassen, der Erstattungsbetrag ist jedoch gedeckelt. Häufig gilt der Bonus nur für Elektrogeräte. In einigen Städten oder Ländern muss die Reparatur bei einem Betrieb durchgeführt werden, der in einem Reparaturführer gelistet ist. Dies soll die Qualität der Reparatur sicherstellen. Häufig werden auch nicht nur gewerbliche Reparaturen, sondern auch ehrenamtliche Reparaturinitiativen gefördert.

Erfolge in Thüringen und Österreich

Die Verbraucherzentrale Thüringen stellt in einer Auswertung der ersten Förderperiode 2021 fest: „Die Verbraucher:innen wollen reparieren. Die Reparatur scheitert nicht an fehlenden Reparaturbetrieben. Auch im ländlichen Raum wurde der Reparaturbonus rege genutzt. Der entscheidende Hebel sind die Kosten der Reparatur im Vergleich zu einer Neuanschaffung.“ Entsprechend habe der Bonus bewirkt, dass „Geräte repariert werden, die ohne die Förderung nicht repariert worden wären.“ Besonders häufig sei der Bonus für die Reparatur von Smartphones genutzt worden. Aufgrund des Erfolgs wurde das Programm in Thüringen im Jahr 2022 neu aufgelegt.

Andere Bundesländern sind bisher noch nicht so weit. So ist der Reparaturbonus zwar bereits mehrfach Antrags- und Diskussionsthema in verschiedenen Landtagen gewesen, beispielsweise in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt. Bisher wurden weitere Programme jedoch nur auf lokaler Ebene wie in Leipzig oder im Kreis Starnberg eingerichtet.

Auch die Reparaturbonusprogramme in Österreich, die bereits seit einigen Jahren in verschiedenen Bundesländern und Städten existieren, erfreuten sich großer Beliebtheit. Die Bundesregierung hat sich daraufhin entschlossen, einen nationalen Reparaturbonus mit den Mitteln des EU-Wiederaufbaufonds (NextGenerationEU) aufzusetzen: Seit April 2022 können Österreicher*innen sich bis zu 200 Euro pro Reparatur bezuschussen lassen. Insgesamt ist das Programm bis 2023 mit 60 Millionen Euro ausgestattet. Innerhalb von drei Monaten wurden bereits fast 100.000 Reparaturen über diesen Reparaturbon durchgeführt.

Vorteile eines bundesweiten Reparaturbonus

Die deutsche Bundesregierung plant einen solchen nationalen Reparaturbonus nicht – dabei liegen die vielen guten Gründe dafür auf der Hand. Der Reparaturbonus ist im Vergleich zu anderen fiskalischen Unterstützungsmaßnahmen aus mehreren Gründen besonders sinnvoll:

  1. Ersparnis für Bürger*innen: Der Reparaturbonus vergünstigt die Reparatur eines Gerätes um den Förderbetrag und führt so zu einer direkten Entlastung der Bürger*innen. Darüber hinaus macht er Bürger*innen oft erst auf die Möglichkeit der Reparatur aufmerksam. Da eine Reparatur teilweise um ein vielfaches günstiger ist als eine Neuanschaffung, kann der Reparaturbonus auf diese Weise in der Ersparnis für die Bürger*innen sogar eine Hebelwirkung für jeden staatlich eingesetzten Euro erzeugen.
  2. Umwelt- und Klimaschutz: Mit jedem zusätzlich reparierten Gerät trägt der Bonus konkret zur Vermeidung von Elektroschrott und Treibhausgasemissionen bei. Durch jedes professionell wiederaufbereitete und dadurch 2 Jahre länger genutzte Smartphone werden 14 kg Primärressourcen und 58 kg Treibhausgasemissionen eingespart. Je nach Gerät und ausgetauschtem Teil wird die Bilanz bei konkreten Reparaturen abweichen, das große Ressourcen- und Klimaschutzpotenzial der Lebensdauerverlängerung durch Reparatur wird jedoch durch verschiedene Studien belegt.
  3. Handwerk: Der Reparaturbonus stützt das angeschlagene Reparaturhandwerk in Deutschland - die Zahl der Betriebe ist unserer Einschätzung nach stark rückläufig - und sichert so lokale Arbeitsplätze und das Wissen, welches wir brauchen, um in Zukunft die Reparatur zur Norm bei einem defekten Gerät zu machen.
  4. Bewusstseinswandel: Er bringt Menschen wieder stärker die Möglichkeit der Reparatur ins Bewusstsein und trägt so zu einer langfristigen Verhaltensänderung im Sinne der Wiederverwendung und der Kreislaufwirtschaft bei.
  5. Datenerhebung: Wird ein Reparaturbonus wissenschaftlich begleitet, so bietet er einzigartige Gelegenheit, wichtige Daten über durchgeführte Reparaturen, Reparaturpreise und das Reparaturverhalten der Verbraucher*innen zu erhalten. Diese Daten können die Grundlage für weitere politische Schritte sein.

Eines ist jedoch klar: Ein Reparaturbonus kann nur eine Überbrückungsmaßnahme sein, die dem Reparaturmarkt kurzfristig hilft – bis sich die grundlegenden Rahmenbedingungen geändert haben. Unabhängig von dieser finanziellen Subvention für Reparaturen muss die Politik ein herstellerunabhängiges Recht auf Reparatur für alle umsetzen. Nur wenn das Reparieren und Wiederverwenden von Geräten, Kleidung & co. auch ohne Anreizsysteme wieder attraktiver und günstiger wird als das Neukaufen, können wir unseren Ressourcenverbrauch nachhaltig verändern.

Dafür braucht es unter anderem diskriminierungsfreien Zugang zu erschwinglichen Ersatzteilen und reparaturrelevanten Informationen. Alltagsprodukte müssen so gestaltet sein, dass man das defekte Teil ohne großen finanziellen und zeitlichen Aufwand austauschen kann. Auch Soft- und Firmware-Updates müssen langfristig zur Verfügung gestellt werden.