Neue Bundesregierung muss Recht auf Reparatur wirksam umsetzen: Der Teufel liegt im Detail

Der Runde Tisch Reparatur und 24 weitere Organisationen und Unternehmen begrüßen die im Koalitionsvertrag von der Bundesregierung angekündigte Umsetzung des Rechts auf Reparatur. Die bessere Reparierbarkeit von Produkten, Zugang zu Ersatzteilen und Reparaturanleitungen und verpflichtende Update-Zeiträume sind wichtige Maßnahmen, um die Lebensdauer unserer Produkte zu verlängern und dadurch Ressourcen zu schonen, einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten, Verbraucher*innen zu entlasten und das reparierende Handwerk zu fördern.

Wirklich wirksam können die von der Bundesregierung angekündigten Maßnahmen jedoch nur sein, wenn die Voraussetzungen für einen fairen und diskriminierungsfreien Zugang zum Reparaturmarkt geschaffen werden. Ein Recht auf Reparatur ist das Recht der Eigentümerin einer Sache, diese Sache selbst zu reparieren oder durch eine Fachperson ihrer Wahl reparieren zu lassen. Dieses Recht kann nur verwirklicht werden, wenn die für eine Reparatur notwendigen Bedingungen insbesondere durch Hersteller oder Inverkehrbringer erfüllt werden, indem sie Ersatzteile und Reparaturinformationen zur Verfügung stellen. Reparieren muss für Bürger*innen einfacher und für unabhängige Reparaturdienstleister rentabler werden. Der Reparatursektor, der seit vielen Jahren schrumpft, muss zukunftsfähig gemacht werden. Hierfür braucht es Maßnahmen sowohl auf europäischer als auch auf deutscher Ebene.

Deshalb fassen der Runde Tisch Reparatur und die unterzeichnenden Organisationen ihre Empfehlungen für eine wirksame Umsetzung des Rechts auf Reparatur in einem Forderungspapier zusammen. Wir empfehlen der neuen Bundesregierung, allen voran dem Umwelt- und dem Wirtschaftsministerium, sich schnellstmöglich und gemeinsam mit der EU-Kommission und den EU-Mitgliedstaaten für folgende Maßnahmen zur Stärkung der Reparatur einzusetzen:

Für eine effektive Umsetzung des Rechts auf Reparatur muss die Bundesregierung:

1.sich für EU-weite produktgruppenübergreifende Reparaturanforderungen einsetzen, die den Zugang zu Ersatzteilen, Diagnosetools und Informationen für alle Marktteilnehmer*innen sowie reparaturfreundliches Produktdesign vorschreiben.
2.sich dafür einsetzen, dass Reparierende Zugang zu Ersatzteilen erhalten, deren Preis in einem vernünftigen und begründbaren Verhältnis zu ihren Herstellungskosten steht.
3.sich dafür einsetzen, dass Software-Updates zehn Jahre lang zur Verfügung gestellt werden und Nutzer*innen in Bezug auf die Software-Wahl und -Weiternutzung mehr Rechte erhalten.
4.sich dafür einsetzen, dass Verbraucher*innen und die von ihnen beauftragten Reparateur*innen über den Austausch eines Teils entscheiden können, ohne dass dafür eine Freischaltungssoftware – alsodie Genehmigung des Herstellers – eingeholt werden muss.
5.die Erarbeitung eines EU-weiten Reparaturindex unterstützen, der unter anderem Ersatzteilpreise als Bewertungskriterium beinhaltet.
6.eine stärkere Kontrolle digitaler Plattformen und die Einhaltung der europäischen Wettbewerbsregeln durchsetzen und sich dafür stark machen, dass Online-Anbieter und Plattformen ebenso streng von der Marktüberwachung kontrolliert werden wie der stationäre Handel.
7.die Reparaturkosten senken, indem sie einen reduzierten Mehrwertsteuersatz für Reparaturdienstleistungen und einen deutschlandweiten Reparaturbonus einführt, der vor allem lokalen Reparaturdienstleistern zugutekommt.
8.sicherstellen, dass eine Überarbeitung von Gewährleistungsansprüchen tatsächlich zu einer Lebensdauerverlängerung von Produkten führt und dabei den Reparatursektor nicht gefährdet.
9.dafür sorgen, dass die Marktüberwachungsbehörden finanziell und personell gut ausgestattet sind und sich der Austausch zwischen den Marktüberwachungsbehörden der EU verbessert.
10.Angebote fördern, die es ermöglichen, Erfahrungen mit der Reparatur zu sammeln, und prüfen, wie die Zugangshürden von Dienstleistern und Start-ups zum Reparatursektor gesenkt werden können, um dem Nachwuchsproblem im reparierenden Handwerk zu begegnen.
11.sicherstellen, dass die Gewinnung gebrauchter Ersatzteile im Rahmen der Vorbereitung zur Wiederverwendung finanziell gefördert wird.
12.Rahmenbedingungen für die Förderung und Nutzung von 3D-Druck für die Reparatur prüfen.
13.den Zugang zu reparierbaren und gebrauchsfähigen Gütern, die zu Abfall geworden sind, erleichtern und neue Geschäftsmodelle, die auf der Aufarbeitung, der Wieder- und Weiterverwendung und dem Upgrading von gebrauchten Produkten beruhen, gezielt fördern.

Das Forderungspapier stellt die einzelnen Maßnahmen ausführlicher dar, begründet sie und verdeutlicht sie mit Praxisbeispielen. Es wird unterstützt von folgenden Organisationen und Unternehmen:

AfB, anstiftung, Blitzblume, BUND, Deutsche Gesellschaft für Warenkunde und Technologie, Deutsche Umwelthilfe, Deutscher Naturschutzring, fixfirst, Germanwatch, Greenpeace, iFixit, INKOTA, kaputt.de, NaturFreunde Deutschlands, Netzwerk Reparatur-Initiativen, Ökopol, Open Knowledge Foundation, Repair Café Aschaffenburg, ReUse e.V., Shiftphone, Südwind, Sustainable Design Center, Vangerow, WWF.