Deutschland, was geht beim Recht auf Reparatur?

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Reparaturgesetz, Reparaturbonus, EU-Reparaturrichtlinie: In Bezug auf das Recht auf Reparatur scheint sich gerade einiges zu tun. Dieser Artikel gibt einen Überblick über aktuelle Entwicklungen rund um Reparaturfördermaßnahmen in Deutschland.

Im Dezember 2021 verkündete die Bundesregierung, ein Recht auf Reparatur einführen zu wollen, indem „Reparierbarkeit eines Produkts zum erkennbaren Merkmal der Produkteigenschaft“ wird und „Zugang zu Ersatzteilen und Reparaturanleitungen sichergestellt“ wird. Auch die erweiterte Herstellerverantwortung auf europäischer Ebene solle „gestärkt“ werden.

Drei Jahre später sind wir leider noch weit davon entfernt, dass diese Ankündigungen Realität sind. Es gab zwar Fortschritte – diese sind jedoch rein auf europäische Prozesse zurückzuführen, an denen die Bundesregierung zwar mitgearbeitet hat, aber nicht unbedingt immer im Sinne eines herstellerunabhängigen Recht auf Reparatur. Auf nationaler Ebene dagegen hieß es eher: Ein Schritt nach vorne, zwei zurück.

Aber der Reihe nach:

Auf EU-Ebene spielten Reparaturfördermaßnahmen in den letzten Jahren insbesondere in den Verhandlungen rund um die Richtlinie zur Förderung der Reparatur von Waren sowie die Weiterentwicklung des Ökodesign-Rechtsrahmens eine Rolle. Diese Prozesse wurden vor den Europawahlen im Juni abgeschlossen, einen Überblick über die Ergebnisse liefern wir hier und hier. Während es bei der Reparatur-Richtlinie darum geht, Reparaturmöglichkeiten zu verbessern und attraktiver zu gestalten, werden im Rahmen der Ökodesign-Gesetzgebung konkrete produktspezifische Anforderungen an die Reparierbarkeit und Verfügbarkeit von Ersatzteil- und Reparaturinformationen festgelegt. Allen bisher verabschiedeten und umgesetzten EU-Anforderungen ist gemein, dass sie nur für eine bisher sehr begrenzte Anzahl an Produkten gelten und die tatsächlichen praktischen Auswirkungen für Verbraucher*innen im Alltag teilweise noch unklar sind. Die Richtlinie für die Förderung der Reparatur von Waren muss bis Sommer 2026 in nationales Recht umgesetzt werden. Innerhalb der Bundesregierung ist das Bundesjustizministerium für die Umsetzung zuständig, das noch in diesem Jahr einen entsprechenden Referentenentwurf veröffentlichen will.

Unabhängig von den Prozessen auf EU-Ebene hatte die Bundesregierung Anfang 2022 ein Aktionsprogramm „Reparieren statt Wegwerfen“ angekündigt. Nach monatelangem Stillschweigen und immer wieder verstreichenden Diskussionsterminen im Kabinett erklärte Bundesumweltministerin Steffi Lemke im Oktober 2023: Das Aktionsprogramm werde es in seiner ursprünglich geplanten Form nicht geben, stattdessen komme ein „Reparaturgesetz“. Laut einer Antwort der Bundesregierung im August 2024 sei eben dieses Reparaturgesetz weiterhin in der Erarbeitung. Konkrete Veröffentlichungspläne scheint es jedoch nicht zu geben. Wenig konkret sind weiterhin die Aussagen der Regierung zu einem bundesweiten Reparaturbonus. Während immer mehr Bundesländer und Städte eine solche finanzielle Reparaturfördermaßnahme einführen, erteilte die Bundesregierung einem öffentlich finanzierten bundesweiten Reparaturbonus aufgrund der Haushaltslage eine Absage. Die Möglichkeit, einen solchen Bonus nach französischem Beispiel herstellerfinanziert umzusetzen, werde jedoch noch „geprüft“, heißt es in der Antwort auf die Kleine Anfrage von Anke Domscheidt-Berg und anderen Abgeordneten der LINKEN.

Kommen wir zur bisher einzigen nationalen Reparaturfördermaßnahme, die in Kürze tatsächlich umgesetzt werden soll: Ein Förderprogramm für ehrenamtliche Reparatur-Initiativen. Bis zu 3.000 Euro sollen gemeinschaftlich organisierte Reparaturtreffs erhalten und zwar noch in diesem Jahr. Das vom Bundesumweltministerium angebotene Förderprogramm sei für 2024 mit drei Millionen Euro ausgestattet und solle in diesem Herbst tatsächlich starten.

Die Fördermaßnahme mag zwar eine Wertschätzung gegenüber der zivilgesellschaftlich organisierten Reparaturcommunity und insbesondere auch ihrer Rolle als Druck ausübender Akteur im politischen Ringen um ein Recht auf Reparatur ausdrücken. Es fehlt jedoch weiterhin an Maßnahmen für eine Förderung der gewerblichen Reparaturstrukturen im Land durch die Herstellung eines fairen Reparaturmarkts und -wettbewerbs, insbesondere auch im Hinblick auf den sich zuspitzenden Nachwuchs- und Fachkräftemangel. Dafür braucht es den Einsatz der gesamten Bundesregierung für ein herstellerunabhängiges Recht auf Reparatur, den wir in den letzten drei Jahren leider trotz anderslautender Ankündigungen vermisst haben.

Dass es auch anders geht, zeigen unsere Nachbarländer: Menschen in Österreich und Frankreich profitieren von nationalen Reparaturbonusprogrammen, die mit einer stärkeren Wahrnehmung der Reparatur in der Öffentlichkeit einhergehen. In Frankreich gibt es darüber hinaus aussagekräftige Reparatur-Scores für eine große Auswahl an Produkten, die Möglichkeit, 3D-Druckdaten für Ersatzteile zu erhalten und weitere Anforderungen an die Verfügbarkeit von Ersatzteilen. Auch Maßnahmen wie eine Mehrwertsteuersenkung auf Reparaturdienstleistungen wurden in verschiedenen europäischen Ländern umgesetzt.

Titelfoto: (c) Chris Grodotzki / Campact