Reform der Erweiterten Herstellerverantwortung zur Förderung der Reparatur

Reparaturen müssen erschwinglicher und damit zugänglicher für alle werden. Ein Diskussionspapier von Right to Repair Europe, Europäischem Umweltbüro, Germanwatch und Runder Tisch Reparatur diskutiert, wie das Instrument der Erweiterten Herstellerverantwortung Reparaturen finanziell unterstützen kann.

Die EU hat sich verpflichtet, ein Recht auf Reparatur für ihre Bürgerinnen und Bürger einzuführen, und damit die Notwendigkeit anerkannt, die Rahmenbedingungen für Reparaturbetriebe und Verbraucher*innen, die ihre Produkte reparieren lassen möchten, zu verbessern. Das Potenzial der Reparatur und längerer Produktlebensdauer für den Ressourcen- und Klimaschutz, lokale Wirtschaftsförderung und die Stärkung der Verbraucherrechte kann sich nur dann entfalten, wenn ein fairer Reparaturmarkt, reparaturfähige Produkte und erschwingliche Reparaturpreise sichergestellt sind. Die sogenannte EU-Richtlinie für ein Recht auf Reparatur[1] greift diese Punkte ansatzweise auf, allerdings noch zögerlich und unzureichend[2].

Die Erschwinglichkeit der Reparatur von Konsumgütern wie Elektronik und Textilien wurde noch nicht angemessen berücksichtigt. Neben einem fairen Ersatzteilmarkt[3] und dem Abbau von Reparaturhemmnissen könnte dies auch durch Subventionen angegangen werden. Verschiedene Nationalstaaten sowie Regionen und Städte haben inzwischen die Sache selbst in die Hand genommen und Reparaturbonussysteme[4] eingeführt, um Reparaturkosten teilweise zu subventionieren. Allerdings scheitert die Einführung eines Reparaturbonus und anderer Maßnahmen zur Reparaturförderung oft an fehlenden finanziellen Mitteln.

Während solche Haushaltszwänge auch eine Folge der Prioritätensetzung sind, sind Steuereinnahmen und der öffentliche Haushalt nicht die einzigen möglichen Quellen für die Finanzierung einer aktiven Förderung von Reparatur und Refurbishment: Mittel aus der Erweiterten Herstellerverantwortung (Extended Producer Responsibility, EPR) könnten ebenfalls eine geeignete und langfristige Finanzierungsquelle darstellen.

Gegenwärtig konzentrieren sich EPR-Systeme auf die Abfallbewirtschaftung und beziehen Reparaturen und Refurbishment nicht systematisch mit ein. So tragen sie zwar zu einer besseren Abfallbewirtschaftung bei, sind aber bei der Abfallvermeidung weitgehend wirkungslos geblieben, da sie nicht in der Lage sind, die notwendigen vorgelagerten Veränderungen zu bewirken.[5] Um jedoch die in der europäischen Abfallhierarchie[6] festgelegten Prioritäten widerzuspiegeln und das ursprüngliche Ziel der EPR[7] zu erfüllen, braucht es eine Reform, die die EPR zu einem wirksamen Instrument zur Abfallvermeidung, einschließlich der Förderung der Reparatur als zentrale Abfallvermeidungsstrategie, macht: Sie muss ganzheitlich konzipiert und umgesetzt werden und unter anderem verbindliche Sammel- und Wiederverwendungsziele enthalten.

Es ist wichtig, darauf hinzuweisen, dass reformierte EPR-Regelungen und Subventionen für Reparaturen kein Ersatz für andere politische Maßnahmen sind, die die Kosten für Reparaturen senken. Eine EPR-Reform muss durch Rechtsvorschriften ergänzt und verstärkt werden, die die Erschwinglichkeit und Zugänglichkeit von Reparaturen sicherstellen, reparaturfeindliche Praktiken und vorzeitige Obsoleszenz verbieten und die Wiederverwendungs- und Abfallbewirtschaftungssysteme so umgestalten, dass sie mit einer ganzheitlichen Kreislaufwirtschaft in Einklang stehen. Nichtsdestotrotz kann sie eine wichtige Rolle bei der Unterstützung des Übergangs zu mehr Reparatur und Wiederverwendung spielen.

In diesem Papier wird zunächst allgemein erörtert, wie ein umgestaltetes EPR-System aussehen müsste, um Reparaturen und eine ganzheitliche Kreislaufwirtschaft zu fördern. Anschließend wird die Ausgestaltung eines EPR-finanzierten Reparaturbonus am konkreten Beispiel des französischen „Bonus Réparation“ betrachtet. Das Papier schließt mit politischen Empfehlungen für die Mitgliedsstaaten, insbesondere Deutschland, und die EU.


[1] https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/TA-9-2024-0308_EN.pdf  

[2] https://repair.eu/news/analysis-of-the-adopted-directive-on-common-rules-promoting-the-repair-of-goods/

[3] https://repair.eu/news/the-price-is-not-right/

[4] https://repair.eu/news/a-comprehensive-overview-of-the-current-repair-incentive-systems-repair-funds-and-vouchers/

[5] Anurodh Sachdeva, Ariel Araujo und Martin Hirschnitz-Garbers, „Erweiterte Herstellerverantwortung und Ökomodulation von Gebühren“ (Ecologic Institut, 9. Juli 2021),  https://www.ecologic.eu/18226.

[6] https://environment.ec.europa.eu/topics/waste-and-recycling/waste-framework-directive_en

[7] Thomas Lindhqvist, ‚Extended Producer Responsibility in Cleaner Production: Policy Principle to Promote Environmental Improvements of Product Systems‘ (IIIEE, Universität Lund, 2000), https://linkinghub.elsevier.com/retrieve/pii/0959652694900108.