Recht auf Reparatur: Was bisher geschah

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In den Medien war in den letzten Monaten bereits häufiger zu lesen, dass wir ein Recht auf Reparatur erhalten. Auch Anfang März, anlässlich des Inkrafttretens der neuen Ökodesign-Verordnungen, konnte man bei einem Blick in die Zeitungen diesen Eindruck gewinnen. Aber stimmt das? Haben wir schon ein Recht auf Reparatur? Sind wir kurz davor? Was wurde bereits beschlossen, was ist wann in Kraft getreten? Und was ist noch geplant? Dieser Artikel bringt Licht ins Dunkel.

Was ist bereits passiert?

Wofür Aktivist*innen und Reparierende bereits seit vielen Jahren kämpfen, kommt langsam endlich in der Politik an: Das Recht auf Reparatur. Das Umweltministerium, die EU-Kommission, das EU-Parlament und auch immer mehr Politiker*innen und Parteien auf Bundes- und Länderebene wollen mit politischen Maßnahmen dafür sorgen, dass Reparieren wieder einfacher wird.

Es ist wichtig, dass es inzwischen eine solch große Unterstützung aus der Politik gibt. Insbesondere auch weil Hersteller immer wieder gegen verbindliche Reparaturstandards lobbyieren (besonders deutlich wird dies gerade in den USA). Aber die Worte müssen sich auch in Handlungen widerspiegeln.

Die auf EU-Ebene angekündigten Maßnahmen für ein Recht auf Reparatur stehen fast alle noch in der Pipeline. Passiert ist noch nicht viel.

Auch die Bundesregierung verlässt sich eher auf Brüssel, anstatt proaktiv reparaturfördernde Maßnahmen für Deutschland umzusetzen. Natürlich macht es Sinn, dass Produktstandards auf EU-Ebene und für den gesamten Binnenmarkt festgelegt werden. Es gibt aber noch viele andere reparaturfördernde Maßnahmen, die die Bundesregierung so schnell wie möglich umsetzen sollte. Das zeigt vor allem auch ein Blick in andere EU-Staaten, deren Politiker*innen sich ambitionierter für ein Recht auf Reparatur einsetzen. Ein Reparatur-Index wie in Frankreich, die Senkung der Mehrwertsteuer auf Reparaturdienstleistungen wie in Schweden oder ein Reparaturbonus-System wie in Österreich können die Situation der Reparatur schnell und kurzfristig verbessern. Grundsätzlich braucht es aber vor allem eins: Erschwingliche Ersatzteile. Denn ohne Ersatzteile keine Reparatur.

Im März sind immerhin neue Ökodesign-Verordnungen in Kraft getreten, die zum ersten Mal EU-weite Reparaturstandards für Produkte festlegen. Beschlossen wurden sie bereits 2019. Hier beginnt unser Rückblick.

2019
Oktober
Die EU-Kommission und die Mitgliedstaaten beschließen neue Ökodesign-Verordnungen für Kühlschränke, Waschmaschinen, Geschirrspüler und Fernseher. Darin sind auch Anforderungen an die Verfügbarkeit von Ersatzteilen und Reparaturinformationen enthalten. Damit müssen Produkte zum ersten Mal gewisse Reparaturstandards in der EU einhalten. Die Regeln sind am 1. März 2021 in Kraft getreten. Warum sie jedoch noch nicht bedeuten, dass wir nun ein Recht auf Reparatur haben, beschreibt dieser Artikel.
Dezember
In ihrem Europäischen Green Deal verspricht die neue EU-Kommission „reparierbare Produkte“. Genauere Details folgen 2020 im Aktionsplan Kreislaufwirtschaft (s.u.).
Die Grünen fordern im Bundestag in einem Antrag ein Recht auf Reparatur
2020
Februar
Das neue Kreislaufwirtschaftsgesetz wird ohne wirksame reparaturfördernde Maßnahmen vom Bundestag verabschiedet.
März
Mit ihrer Umweltpolitischen Digitalagenda will das Bundesumweltministerium die Digitalisierung nachhaltig gestalten. Dabei soll auch ein Recht auf Reparatur helfen. Konkrete Umsetzungsschritte fehlen aber noch.
Die EU-Kommission präsentiert ihren Aktionsplan für eine Kreislaufwirtschaft. Eine der wichtigsten darin enthaltenen Maßnahmen: Ein Recht auf Reparatur. Der Plan enthält zahlreiche Initiativen und Ankündigungen, um Produkte reparierbarer und damit nachhaltiger zu gestalten. Konkrete Maßnahmen sollen erst im folgenden Jahr verkündet werden.
Mai
Im Umweltgutachten 2020 fordern die Sachverständigen des Umweltrats der Bundesregierung entschlosseneres Handeln, um die Reparatur zu stärken und damit einen nachhaltigeren Umgang mit Ressourcen zu erreichen.
November
Die EU-Kommission präsentiert Pläne für verbesserten Schutz von Verbraucher*innen. Ganz oben auf der Agenda: Mehr Informationen über Umweltauswirkungen von Produkten und ein Recht auf Reparatur.
Das Europäische Parlament verabschiedet einen Bericht, in dem die Abgeordneten sich über Fraktionsgrenzen hinweg für die Reparatur in Europa stark machen. Sie fordern die EU-Kommission darin auf, wirksame Maßnahmen für ein Recht auf Reparatur umzusetzen.
Dezember
Nach dem Europaparlament sprechen sich auch die Regierungen der EU-Länder für ein europaweites Recht auf Reparatur aus.
2021
Januar
In Frankreich tritt der Reparaturindex für fünf Produktgruppen in Kraft. Die deutsche Umweltministerin Svenja Schulze erteilt einem deutschen Index eine Absage.
Februar
In ihrem Bericht über die Kreislaufwirtschaft fordern die EU-Abgeordneten von der EU-Kommission, gesetzliche Maßnahmen für Ersatzteilverfügbarkeit, Reparaturinformationen und verpflichtende Software-Updates vorzuschlagen.
Die Bayerische SPD reicht im Landtag einen Antrag für ein Recht auf Reparatur ein.
Die Ökodesign-Vorbereitungsstudie für Smartphones wird veröffentlicht und macht damit theoretisch den Weg frei für Ökodesign-Standards für Smartphones.
März
Die 2019 beschlossenen Ökodesign-Anforderungen für Kühlschränke, Waschmaschinen, Geschirrspüler und Fernseher treten in Kraft.
April
Die Bundesregierung lehnt einen Antrag der Grünen im Bundestag für ein Recht auf Reparatur ab.

Was steht an?

Dieses Jahr wird ein spannendes Jahr für die Reparatur: Während die Parteien sich im Wahlkampf klar zu einem Recht auf Reparatur positionieren müssen, sind auf EU-Ebene die Veröffentlichungen verschiedener Initiativen geplant. Diese sollen vor allem die Reparierarbeit von Elektronik verbessern.

Einen Überblick über die geplanten Initiativen finden Sie hier.

Was ist das Recht auf Reparatur?

Damit wir wieder mehr reparieren und damit Ressourcen und das Klima schützen und lokales Handwerk und Vebraucherrechte stärken, braucht die Reparatur bessere Rahmenbedingungen. Ein herstellerunabhängiges Recht auf Reparatur für alle muss sicherstellen, dass Verbraucher*innen selber entscheiden können, ob und unter welchen Bedingungen sie ein Produkt reparieren (lassen) möchten – unabhängig von den Interessen des Herstellers. Das würde bedeuten, dass alle Produkte reparierbar gestaltet sind, Verbraucher*innen und Reparateure Ersatzteile und Reparaturinformationen zu angemessenen Preisen erhalten und Software langfristig mit Sicherheitsupdates versorgt wird.

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