Neue Bundesregierung und das Recht auf Reparatur: Was können wir erwarten?
In ihrem Koalitionsvertrag bekennt die Ampel-Koalition sich erstmals zum Recht auf Reparatur und verspricht nachhaltigere Produkte und eine neue Rohstoffpolitik. Wir werfen einen ersten einordnenden Blick auf die Ankündigungen.
Konkret erklären SPD, Bündnis 90/Die Grünen und die FDP in ihrem Vertrag:
„Wir wollen Nachhaltigkeit by design zum Standard bei Produkten machen. Die Lebensdauer und Reparierbarkeit eines Produktes machen wir zum erkennbaren Merkmal der Produkteigenschaft (Recht auf Reparatur). Wir stellen den Zugang zu Ersatzteilen und Reparaturanleitungen sicher. Herstellerinnen und Hersteller müssen während der üblichen Nutzungszeit Updates bereitstellen. Wir prüfen Lösungen zur Erleichterung der Nutzbarkeit solcher Geräte über die Nutzungszeit hinaus. Für langlebige Güter führen wir eine flexible Gewährleistungsdauer ein, die sich an der vom Hersteller oder der Herstellerin bestimmten jeweiligen Lebensdauer orientiert.
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In einer „Nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie“ bündeln wir bestehende rohstoffpolitische Strategien. Auf dieser Grundlage setzen wir uns in der EU für einheitliche Standards ein. Anforderungen an Produkte müssen europaweit im Dialog mit den Herstellern ambitioniert und einheitlich festgelegt werden. Produkte müssen langlebig, wiederverwendbar, recycelbar und möglichst reparierbar sein. Wir stärken die erweiterte Herstellerverantwortung auf europäischer Ebene. Wir führen digitale Produktpässe ein, unterstützen Unternehmen bei der Umsetzung und wahren das Prinzip der Datensparsamkeit.“
Koalitionsvertrag 2021-2025 „Mehr Fortschritt wagen“
Johanna Sydow, Vorstandsvorsitzende des Runden Tisch Reparatur und Referentin für Ressourcenpolitik bei Germanwatch, analysiert die Ankündigungen der neuen Regierung aus Reparatursicht:
Endlich weg von einem alten Verständnis der „Kreislaufwirtschaft“ hin zur Circular Economy
Bei den im Vertrag genannten Maßnahmen ist hervorzuheben, dass sich die Koalition endlich dem ganzheitlicheren europäischen Verständnis der Circular Economy annähert und damit über die bisher in Deutschland sehr enge Interpretation der Kreislaufwirtschaft vornehmlich als Recyclingwirtschaft hinausgeht. Die Koalition macht hierbei deutlich, dass die Circular Econmomy schon beim Produktdesign beginnend mitgedacht werden muss und die neue Regierung sich für die Stärkung der Abfallvermeidung einsetzen will. Dementsprechend erwarten wir von der Bundesregierung, dass sie sich für starke Maßnahmen auf EU-Ebene im Rahmen des EU Circular Economy Action Plan engagiert, u.a. für eine längere Nutzungsdauer von Produkten. Wichtig bleibt aber zusätzlich, dass auch auf nationaler Ebene die Potentiale und Kompetenzen ausgeschöpft werden und hierdurch dann wichtige Impulse für die Arbeit auf EU-Ebene gesetzt werden. Hierzu zählen zum Beispiel Maßnahmen zum Erhalt des reparierenden Gewerbes, um das anvisierte Recht auf Reparatur überhaupt umsetzen zu können.
Recht auf Reparatur
Ein Recht auf Reparatur soll laut Koalition kommen und der Koalitionsvertrag nennt auch bereits einige Anhaltspunkte, wie sie dieses umsetzen möchte. So will sie zum Beispiel das Problem der Nutzungsverkürzung durch Software angehen und Hersteller über eine Auskunft zur erwarteten Mindestlebensdauer verpflichten. Das sind Forderungen, für die wir uns mit dem Runden Tisch Reparatur seit langem einsetzen. Bei der Umsetzung kommt es dann auf die Details an. Beim Recht auf Reparatur geht es nämlich nicht nur um Zugang zu Ersatzteilen, den die Koalition gewährleisten will, sondern auch um deren Preise, damit Reparatur rentabler und attraktiver wird. Inwiefern das Recht auf Reparatur wirklich kommt und auch für herstellerunabhängige Akteure, wie unabhängige Werkstätten, wirksam wird, hängt noch von der genauen Ausgestaltung ab.
Vollständige Analyse bei Germanwatch.org lesen https://germanwatch.org/de/21248