Stellungnahme zur Novelle des Kreislaufwirtschaftsgesetzes

Der Runde Tisch Reparatur e.V. begrüßt die Novellierung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes. Der vorliegende Entwurf geht in die richtige Richtung, ist aber nicht weitgehend genug und wird nicht in der Lage sein, die Ressourcen- und Klimaschutzziele schnell genug zu erreichen. Schon wieder drängt sich der Eindruck auf, dass wir es mit Symbolpolitik zu tun haben. Aber die Zeit für Symbolpolitik ist vorbei. Jetzt ist es Zeit wirklich zu handeln.

Es fehlen verbindliche Quoten und auch Durchsetzungsinstrumente (auch ökonomische Instrumente) und Zeitvorgaben für die stoffliche Wieder- und Weiterverwendung. Diese sind aber erforderlich, damit die Hersteller sich jetzt Schritt für Schritt auf eine echte Kreislaufwirtschaft einstellen können und müssen. Dass die Wieder- und Weiterverwendung und damit auch die Reparatur und die Reparaturfreundlichkeit in dem Gesetz endlich einen größeren Stellenwert haben, wird vom RTR begrüßt. Dennoch enthält das Gesetz Formulierungen, die so zaghaft sind, optional und verwässernd, dass an dem echten Willen zur Wende gezweifelt werden muss. Schon in der Vergangenheit haben die Schlüsselakteure (Hersteller und Abfallwirtschaft) es immer wieder geschafft, sich den ökologischen Notwendigkeiten zu entziehen.

Nur ganz eindeutige, klar formulierte und unausweichliche Rahmenbedingungen werden die Planungssicherheit schaffen, die dafür sorgen, dass die Akteure, die tatsächlich umsteuern, nicht am Ende die „Dummen“ sind.

Im Einzelnen:

Sperrmüll
Knapp die Hälfte des jährlich in Deutschland anfallenden Sperrmülls wird nicht stofflich verwertet. Sperrmüll birgt folglich ein erhebliches Potenzial für die Aufarbeitung, Reparatur und Wiederverwendung. Hauptaugenmerk sollte zunächst einmal auf Elektro(nik)produkte, Textilien, Holz gelegt werden, die zusammen den weit überwiegenden Teil ausmachen. Ihre Wieder- und Weiterverwendung ist ein wichtiger Beitrag zur nachhaltigen Nutzung von Produkten aus dem Sperrmüll. Eine jüngst erschienene NABU-Studie geht von einem Potenzial von zusätzlich mindestens 0,6 Mio. Mg Sperrmüll im Jahr aus, das der Verbrennung entzogen und der Wiederverwendung oder dem Recycling zugeführt werden kann. Der RTR e.V. unterstützt daher die Forderung des NABU an geeigneter Stelle im Kreislaufwirtschaftsgesetz eine Verordnungsermächtigung für Sperrmüll aufzunehmen, um die Sammlung, Erfassung und Behandlung dieser Abfälle zu regeln. Diese Verordnung sollte spätestens innerhalb der nächsten zwei Jahre erarbeitet werden und in Kraft treten. Sie muss sowohl die strikte Einhaltung der Abfallhierarchie, Vermeidungsvorgaben, verbindliche Recyclingquoten und das Verbot der Verbrennung ohne vorherige Vorbehandlung vorsehen sowie klare Vorgaben zur erweiterten Produktverantwortung, etwa bei der Rücknahme-Verpflichtung enthalten. Gelingt es dies mit einer Verpflichtung der Hersteller zu verbinden, reparaturfreundlicher zu konstruieren und Ersatzteile über die gesamte Lebensdauer vorzuhalten und/oder gebrauchte Teile aufzubereiten, kann die Nutzungsdauer von Produkten deutlich verlängert werden und der Ressourcenverbrauch gesenkt werden.

Grundpflichten der Kreislaufwirtschaft
Die „wirtschaftliche Zumutbarkeit“ war schon in der Vergangenheit das Schlupfloch, mit dem sich Hersteller allen ökologischen Fortschritten entziehen konnten. So werden viele Produkte, die vorzeitig defekt sind, nicht repariert, weil Hersteller einfach nachweisen können, dass die Reparatur im Vergleich zum Austausch mit neuen Produkten „unwirtschaftlich“ ist. Solange die Kostenrelationen bleiben wie sie sind (Reparatur wegen des Arbeitsanteils teuer, Rohstoffe und industrielle Fertigung billig) ist diese Formulierung das „aus“ für die Re-paratur und die Weiterverwendung. Eine solche Formulierung wiederspricht allen bisher gemachten Erfahrungen und jedem gesunden Menschenverstand, wenn das Ziel der Klima-wende und des Ressourcenschutzes wirklich erreicht werden soll. Das Ziel muss doch genau das Gegenenteil sein: Nicht zu reparieren und nicht weiterzuverwenden muss teurer sein, als die Abfallverwertung. Die Hersteller müssen in den Verkaufspreis die Folgenkosten der Produkte von Anfang an einpreisen.
Der RTR e.V. hat vorgeschlagen, dass die Hersteller zur Belieferung mit kostenfreien Ersatzeilen über einen angemessenen Zeitraum verpflichtet werden, um so die Kosten für die Reparatur so günstig zu machen, dass die Nutzer ein Interesse an der Reparatur haben. Die Verkaufspreise würden nur unwesentlich steigen (in der Größenordnung der heute standardmäßig verkaufen Versicherungen) aber der Effekt wäre sehr nachhaltig.
Alternativ und ergänzend kann ein Reparatur-Scoring, wie es Frankreich derzeit mit einem Gesetz bereits vorgeschlagen hat, den Käuferinnen schon am POS die wichtigsten Hinweise geben, wie hoch das Obsoleszenz Risiko bzw. die zu erwartende Nutzungsdauer und die „total cost of ownership“ der angebotenen Produkte sind.

Getrennte Sammlung von Abfällen zur Verwertung
Damit Möbel, Bekleidung einschließlich Schuhen und Elektro(nik)produkte in die Wieder- und Weiterverwendung gehen können, ist eine schonende und getrennte Sammlung unbedingt erforderlich. Wir teilen daher die Einschätzung des Nabu, dass eine generelle explizite Ge-trenntsammlungspflicht für die in §3 Absatz 5a Satz 1 genannten Abfallfraktionen erforderlich ist.

Förderung des Recyclings und der sonstigen stofflichen Verwertung
Der Runde Tisch Reparatur kritisiert, die Rücknahme der ursprünglich ins Auge gefassten VzW- und Recyclingquoten. Es ist schädlich und kontraproduktiv den Druck auf die Hersteller und auf die Verwerter zu reduzieren. Der Übergang in eine echte Kreislaufwirtschaft muss aus Klima- und Ressourcenschutzgründen beschleunigt werden und nicht verlangsamt.

Produktverantwortung
Die Verpflichtungen, die der Paragraf 23 enthält, sind insbesondere die Absätze 2, 8 und 11 ein großer Fortschritt, den wir sehr begrüßen aber wir halten ihn für zu unverbindlich gefasst. Wenn die Hersteller nicht verbindlich verpflichtet werden schon bei der Produktentwicklung den gesamten Lebenszyklus im Sinne der Kreislaufwirtschaft und des Ressourcen- und Klimaschutzes zu konzipieren, dann wird sich nicht genug ändern und es ist zu befürchten, dass wir es schon wieder und immer noch mit SYMBOLPOLITIK zu tun haben. Die Zeit für Symbolpolitik ist allerdings vorbei. Dies müsste allen Verantwortlichen inzwischen klar sein. Es ist daher auch erforderlich die ganze Gesetzgebung – wie oben bereits gefordert – mit klaren Mengenvorgaben und Quoten zu unterstützen und den Herstellern auf diese Weise genügend Planungssicherheit zu geben. Es muss verhindert werden, dass die „first mover“ bestraft werden und diejenigen, die nicht handeln belohnt werden.
Die Frist von sieben Jahren für die Vorhaltung von Ersatzteilen ist willkürlich und für viele Produkte zu kurz. Diese Frist muss produktgruppenspezifisch gefasst und für langlebige Güter erheblich verlängert werden. Waschmaschinen und viele andere Geräte könnten und müssen in Zukunft mindestens 12 bis 15 oder 20 Jahre genutzt werden, zumal der technische Fortschritt, der vor Jahrzehnten auch aus ökologischer Perspektive ein Argument sein konnte, inzwischen ausgereizt ist. Dies gilt hier umso mehr, als das Gesetz ja vorsieht (u.a. die Ecodesignrichtlinie und andere Verordnungen und Normen) dass Produkte in Zukunft reparaturfreundlicher und langlebiger konstruiert werden müssen. Hier müssen das Kreislaufwirtschaftsgesetz und die o.g. Instrumente Hand in Hand gehen und sich gegenseitig verstärken. Nur wenn hier die Vorgaben ehrgeizig genug sind, wird der notwendige Wandel erfolgen.

Anforderungen an Verbote, Beschränkungen, und Kennzeichnungen, Beratung, Information und Obhutspflicht
Der RTR e.V. unterstützt die Forderungen des NABU fordert zur Durchsetzung von §24 Absatz 10 eine Verordnungsermächtigung spezifische Quoten für Retouren und Überhangware zu definieren. Eine Beweislastumkehr die Unternehmen verpflichtet über den Verbleib der Produkte, für die sie eine Obhutspflicht haben, kann sehr hilfreich sein, um den notwendigen Druck zu erzeugen, ohne den echte Veränderungen im Marktverhalten nicht zu erwarten sind. Distanzhändler, elektronische Marktplätze und Fulfillment-Center in diesem Punkt in die Pflicht genommen werden, da auch diese für die verkauften Produkte Verantwortung übernehmen müssen. Dies gilt vor allem für Hersteller aus sogenannten Drittländern, die VerbraucherInnen aktuell Elektrogeräte anbieten, ohne sich in der EU als Inverkehrbringer registrieren zu lassen.
Reparaturcafés und Freie Werkstätten als Partner der VerbraucherInnen stärken und alle Barrieren für die Reparatur abschaffen. Wir brauchen ein Recht auf Reparatur.
Generell wäre es außerdem wünschenswert, dass Reparatur Cafés und Freie Werkstätten als Partner der Kreislaufwirtschaft gestärkt werden. VerbraucherInnen wünschen sie Partner in ihrer Region, die sie unterstützen, wenn Produkte defekt sind. Dies können Reparatur Cafés sein oder freie Werkstätten.
Die Hersteller unternehmen anhaltend den Versuch, die Reparatur von Geräten in ihrer Hand zu behalten, zu kontrollieren und teuer zu machen. Dies geschieht u.a. durch die Preisgestaltung bei der Ersatzteilbelieferung, den Zugang zu Ersatzteilen.
Auf der lokalen und regionalen Ebene sind die Reparatur und ReUse zu stärken. Beides ist eng miteinander verknüpft. Der RTR forderte einen Zugang von fachkundigen Reparateuren zu allen Produkten und Geräten, deren sich die Konsumenten entledigen wollen, bevor sie zu „Abfall“ werden und zum Eigentum der Hersteller oder der von ihnen beauftragten Akteure der Abfallwirtschaft werden.
Was vor Ort sinnvoll weiterverwendet werden kann – darf gar nicht erst in die „Abfallbehand-lung“ gehen. Hierfür sind die o.g. Akteure in die Behandlung und Wieder- und Weiterverwen-dung einzubeziehen.