Der Reparaturbonus: Ein Überblick

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Thüringen hat ihn seit Kurzem, Niedersachsen will ihn und in Österreich ist er schon längst Normalität: Der Reparaturbonus. Der Gutschein soll Reparaturen günstiger und damit attraktiver machen. Wir erklären, wie er bisher funktioniert und wie er lokale Wirtschaftsstrukturen stärken kann.

Viele Menschen würden ihre Geräte gerne reparieren lassen und länger nutzen, tun es aber nicht. Das liegt häufig daran, dass eine Reparatur im Vergleich zum Neupreis eines Produkts oft recht teuer ist. Ein öffentlich finanzierter Reparaturbonus setzt hier an: Um den Anreiz für Reparaturen zu erhöhen, erhalten Verbraucher*innen einen Teil der Reparaturkosten erstattet. Der Zuschuss ist eine recht einfache Maßnahme gegen steigende Elektroschrott- und Abfallberge. Jede Reparatur verlängert die Lebensdauer eines Produkts und damit auch die Nutzung der darin verbauten Ressourcen. Gleichzeitig stärkt der Gang in die Werkstatt auch regionale Wirtschaftskreisläufe und sichert Arbeitsplätze vor Ort.

Erfolgreicher Start in Thüringen

Wer sein Elektrogerät reparieren lassen will, kann seit Mitte Juni in Thüringen den Reparaturbonus nutzen. Das Programm wird gut angenommen: In den ersten zwei Wochen bezuschusste die Landesregierung bereits 266 Reparaturanfragen mit über 19.000 Euro. Insgesamt über 500 Anträge gingen in dem Zeitraum bei der Verbraucherzentrale ein, die für die Bearbeitung zuständig ist. Maximal 100 Euro erhalten VerbraucherInnen für eine Reparatur, die in den ersten zwei Wochen vor allem Haushaltsgeräte wie Geschirrspüler, Kaffeemaschinen und Waschmaschinen reparieren ließen. Etwa 20 Prozent der Reparaturen fand in unabhängigen Reparaturwerkstätten statt – also in Betrieben, die ausschließlich reparieren und keine neuen Geräte verkaufen. Die meisten Verbraucher*innen ließen ihre Geräte von Fachhändlern oder Elektroinstallateuren (54%) reparieren. Auch für Reparaturen in Elektronikfachmärkten (12%) oder beim Kundendienst des Herstellers (15%) wurde der Gutschein genutzt.

Auch in anderen Bundesländern findet die Idee Anklang: In Niedersachsen steht die Einführung eines Reparaturbonus-Systems noch in dieser Woche auf der Tagesordnung des Landtags. Und auch Nordrhein-Westfalen, Hessen, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg scheinen ebenfalls an einem Reparaturgutschein zu arbeiten.

Gute Erfahrungen in Österreich: Ab 2022 bundesweit

In Österreich gibt es bereits mehr Erfahrungen mit Reparaturbonusprogrammen. Nachdem 2017 die Stadt Graz den Anfang machte, führten die Steiermark, Niederösterreich, Salzburg, Oberösterreich und zuletzt Wien ein solches System ein. Die Art der Förderung ist überall ähnlich: Verbraucher*innen können sich 50 Prozent der Reparaturkosten erstatten lassen, allerdings meist nicht mehr als 100 Euro pro Reparaturfall oder Jahr. Häufig gilt der Bonus nur für Elektrogeräte. In einigen Städten oder Ländern muss die Reparatur bei einem Betrieb durchgeführt werden, der in einem Reparaturführer gelistet ist. Dies soll die Qualität der Reparatur sicherstellen. Die Stadt Graz fördert übrigens nicht nur gewerbliche Reparaturen, sondern auch ehrenamtliche Reparaturinitiativen: Repair Cafés können dort pro Jahr bis zu 1.200 Euro beantragen, um davon Werkzeug oder die Miete für ihre Räumlichkeiten zu zahlen.

In Oberösterreich ist bereits die zweite Förderrunde gestartet. Im ersten Zeitraum von September 2018 bis Dezember 2019 konnten rund 260 Tonnen Elektroschrott eingespart werden, berichtet der Landrat. Auch in Wien war die Nachfrage so groß, dass die Fördermittel nach kurzer Zeit ausgeschöpft waren. In weniger als drei Monaten ermöglichte der Reparaturbonus Ende 2020 die Reparatur von mehr als 8.000 Produkten. Die Wiener Regierung spricht von rund 190 Tonnen eingespartem CO2.

Die Erfolge der einzelnen regionalen Ansätze haben nun dazu geführt, dass der Nationalrat im Mai die Bundesregierung dazu aufgefordert hat, den Reparaturbonus bundesweit einzuführen. Ab 2022 sollen alle Österreicher*innen bis zu 200 Euro für die Reparatur von Elektro- und Elektronikgeräten erhalten. Die Mittel dafür stammen aus dem Covid-Aufbaufonds.

Empfehlung: Reparaturbonus mit Fokus auf lokalen Werkstätten

Ein Reparaturbonus ist eine einfache Möglichkeit, um Ressourcen zu schonen und gleichzeitig Handwerksstrukturen vor Ort zu stärken. In vielen österreichischen Regionen gilt der Bon nur für Werkstätten, die Teil eines Reparaturnetzwerks sind. So stellen die Behörden sicher, dass die Mittel tatsächlich bei lokalen Betrieben ankommen. Die Mitgliedschaft in einem Reparaturnetzwerk dient außerdem als Qualitätsmerkmal. An dieser Idee sollten sich auch deutsche Bundesländer orientieren, die derzeit ein Bonussystem entwickeln.

Städte und Regionen, in denen solche Reparaturnetzwerke nicht bestehen, könnten den Reparaturbonus auf vor Ort ansässige (beziehungsweise im Umkreis von xx Kilometern ansässige) Fachhändler und Betriebe beschränken. Zum einen bleiben die Steuermittel so in der Region. Zum anderen kann die Regierung somit sicherstellen, dass das Programm sich nicht zu einer Subventionierung der herstellenden Industrie entwickelt, die mit ihrer Ersatzteilpreispolitik dafür sorgt, dass Reparaturkosten derart hoch sind, dass Verbraucher*innen oftmals vor einer Reparatur zurückschrecken.

Ein lokaler Reparaturführer, der die Werkstätten der Region auflistet, ist auch unabhängig von einem Reparaturbonus ein attraktives Angebot für Verbraucher*innen. Denn häufig scheitert eine Reparatur auch daran, dass gar nicht bekannt ist, wer den kaputten Toaster o.ä. wieder in Stand setzen kann. In einigen deutschen Städten gibt es solche Übersichten mit lokalen Werkstätten bereits.

Nicht nur Symptome bekämpfen: Rahmenbedingungen für Reparatur verbessern

Eines ist jedoch klar: Ein Reparaturbonus kann nur eine Überbrückungsmaßnahme sein, die dem Reparaturmarkt kurzfristig hilft – bis sich die grundlegenden Rahmenbedingungen geändert haben. Unabhängig von dieser finanziellen Subvention für Reparaturen muss die Politik ein herstellerunabhängiges Recht auf Reparatur für alle umsetzen. Nur wenn das Reparieren und Wiederverwenden von Geräten, Kleidung & co. auch ohne Anreizsysteme wieder attraktiver und günstiger wird als das Neukaufen, können wir unseren Ressourcenverbrauch nachhaltig verändern. Dafür braucht es unter anderem diskriminierungsfreien Zugang zu erschwinglichen Ersatzteilen und reparaturrelevanten Informationen. Alltagsprodukte müssen so gestaltet sein, dass man das defekte Teil ohne großen finanziellen und zeitlichen Aufwand austauschen kann. Auch Soft- und Firmware-Updates müssen langfristig zur Verfügung gestellt werden. Mehr zum Recht auf Reparatur.