Wenn Software die Lebensdauer der Hardware bestimmt
von Erik Poppe, SUSTAINUM Institut für zukunftsfähiges Wirtschaften Berlin eG
Eine moderne Welt ohne Software und digitale Infrastruktur? Für viele von uns wäre das kaum wünschenswert und eher Gegenstand von Weltuntergangsfantasien, denn wir finden Software heute in fast jedem Lebensbereich. Internet, Smartphones, Kaffeeautomaten, Assistenzsysteme in Autos, Steuerungen in der Industrie, aber auch Produkte wie Herzschrittmacher sind mittlerweile alle auf Software angewiesen – eine Nebenerscheinung der Digitalisierung.
Anders als Fahrräder und andere greifbare Gegenstände kann Software nicht rosten und kennt eigentlich keinen natürlichen Verschleiß. Dennoch wird Software irgendwann obsolet, wenn die Funktionalität nicht mehr gegeben ist. Was das heißt, kennen viele aus ihrem Alltag:
- Das Smartphone erhält ein Upgrade auf die neueste Version des Betriebssystems und infolgedessen wird die Benutzung unerträglich langsam.
- Die Treibersoftware für den alten Drucker lässt sich nicht auf dem neuen Computer installieren.
- Eine Datei lässt sich nicht öffnen, weil das verwendete Programm nicht in der aktuellen Version vorliegt.
Oft führen solche Fälle zur sogenannten funktionellen Veralterung (Obsoleszenz), das heißt, die Software wird für den Nutzer ab einem bestimmten Punkt nutzlos und entwertet dabei häufig die mit ihr verbundenen Geräte.
Kein Update vorgesehen
Viele Probleme sind mit einem Update oder Upgrade der Software erledigt, nicht aber in den Fällen, wo das nicht möglich oder sinnvoll ist. Die Ursachen hierfür sind vielfältig. Um einen kleinen Ausschnitt davon darzustellen:
- Hersteller nutzen geschlossene Software dort, wo im Nachhinein kein Zugriff auf den Quellcode möglich sein soll und Updates damit ebenfalls hinfällig sind. Das ist häufig der Fall bei sicherheitsrelevanten Systemen wie im Flugzeug, die nicht von Dritten manipuliert werden sollen. Geschlossene Systeme nutzen Hersteller aber auch als Kopierschutz gegen Produktpiraterie.
- Offene Softwaresysteme müssen vom Hersteller regelmäßig mit Updates versorgt werden, um die Sicherheit und Kompatibilität mit anderen Systemen zu sichern. Der Support für ein Softwaresystem endet immer dann, wenn es für Hersteller technisch und wirtschaftlich sinnvoller ist, auf ein neues System umzusteigen.
Nachhaltigkeit spielt bisher keine Rolle
Software hält heute Einzug in Produkte wie Heizungsthermostate oder internetfähige Haushaltsgeräte wie Kaffee- und Waschmaschinen. In Zeiten energieeffizienter Produkte ist eine möglichst lange Lebens- und Nutzungsdauer der Schlüssel zu mehr Nachhaltigkeit – doch diese ist immer stärker abhängig von Software. Wenn Softwareprodukte nicht reparierbar sind, zum Beispiel durch ein fehlendes Update, begrenzt das die Nutzungsdauer meistens immer zum Nachteil der Kunden.
Mit der zunehmenden Abhängigkeit von Software müssen Hersteller deswegen stärker in die Pflicht genommen werden. Eine Möglichkeit wäre die Software bei Aufkündigung des Herstellersupports der Open Source Community für die freie Weiterentwicklung zur Verfügung zu stellen. Oder sie müssten Nutzern eine andere kompatible Software bereitstellen. .