Wir konsumieren nicht nachhaltig. Abfallberge wachsen und der hohe Energie- und Ressourcenverbrauch gefährdet das Klima. Um unseren ökologischen Fußabdruck zu reduzieren, müssen wir Produkte deutlich länger nutzen.
Der Ressourcenverbrauch während der Herstellung ist die dominierende Umweltinanspruchnahme im Lebensweg von Produkten. Dies gilt nicht nur für Elektro- und Elektronikgüter, aber für diese in besonders hohem Maße. So muss ein neuer, besonders energieeffizienter Laptop beispielsweise gleich mehrere Jahrzehnte genutzt werden, um lediglich die Energie einzusparen, die bei seiner Herstellung verbraucht wurde.
Doch während der Herstellung werden weit über die Energie hinaus Ressourcen in Anspruch genommen. So fallen beispielsweise bei der Gewinnung der kleinen Goldmenge, die in jedem Handy enthalten ist, 100 kg Abraum an. Ein hochwertiges Recycling kann immer nur die zweitbeste Lösung sein, denn auch hier kann selbst mit hohem Aufwand nur ein begrenzter Teil der Rohstoffe wirklich in den Wirtschaftskreislauf zurückgeführt werden. Eine lange Nutzung von Produkten und damit das Reparieren sind aus Umweltperspektive somit ohne Alternative.
Auch für den Klimaschutz bietet eine längere Nutzung von Produkten großes Potential: Die Verlängerung der Lebensdauer von Smartphones, Notebooks, Waschmaschinen und Staubsauger in der EU um fünf Jahre würde bis 2030 jährlich fast 10 Millionen Tonnen Emissionen (CO2-Äquivalente) einsparen. Das entspricht dem CO2-Ausstoß von 5 Millionen Autos über ein Jahr. Schon eine einjährige Verlängerung würde zu einer jährlichen Emissionseinsparung von 4 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten führen. Diese hohen Werte sind auf den enormen Energie- und Ressourceneinsatz bei der Herstellung und Verteilung neuer und der Entsorgung alter Produkte zurückzuführen.
Auch sozial und wirtschaftliche Gründe sprechen für eine Stärkung der Reparatur. Reparatur schafft qualifizierte Arbeitsplätze. Wenn die Rahmenbedingungen für die Reparatur verbessert würden, könnten in vielen Wirtschaftsbereichen neue Arbeitsplätze entstehen.
In Deutschland gibt es heute beispielsweise noch rund 10.000 FachhändlerInnen und freie Werkstätten, die weiße Ware reparieren. Rechnet man den Bereich IT hinzu und die vielen anderen Produkte in Haushalten und Unternehmen, die instandgehalten und repariert werden, kann man mit Sicherheit von weit mehr als 100.000 Arbeitsplätzen ausgehen.
Und Reparatur ist erwünscht: Überall in Deutschland sind Reparaturinitiativen entstanden, die das Interesse einer wachsenden Zahl an BürgerInnen für das Thema belegen.
Bis jetzt wurde der Reparatursektor von der Politik vernachlässigt und befindet sich auf dem Rückzug. Diese Entwicklung betrifft sowohl die Herstellerreparatur als auch die Reparatur während und nach der Garantie, die meist von unabhängigen Reparaturbetrieben ausgeführt wird. Obwohl eine kleine Zahl europäischer Markenhersteller mit gutem Service werben und mit ihren Partnern im Reparatursektor gut zusammenarbeiten, wächst im Markt der Anteil an Produkten, die immer kürzer genutzt werden, weil sie – aus vielen Gründen – nicht repariert werden können, sollen oder dürfen. Umso wichtiger ist es, dass die Rahmenbedingungen für die Reparatur im Allgemeinen und für diese Produkte im Besonderen deutlich verbessert werden.
Sozialbetriebe, kleine Fachhändler, Handwerksbetriebe, Freie Werkstätten und Reparatur-Cafés leiden heute beispielsweise darunter, dass sie von Herstellern nicht mit den erforderlichen Ersatzteilen, Informationen und Softwaretools beliefert werden und manche Ersatzteile überteuert sind.
Das Thema Reparatur ist in vielen europäischen Ländern auf der politischen Ebene angekommen. Frankreich hat ein Gesetz zur Förderung der Reparatur und zur Stärkung der Konsumentensouveränität auf den Weg gebracht. Ab 2021 erhalten französische Verbraucher*innen über einen Reparatur-Index Informationen über die Reparierbarkeit von Produkten.
In Deutschland sind solche Initiativen nicht in Sicht, obwohl die jüngste UBA-Studie belegt, dass die Nutzungsdauer vieler Elektronikprodukte gesunken ist. Ein Trend, der auch für viele andere Konsumgütermärkte zu beobachten ist. Solch sinkender Nutzungsdauer muss aus ökologischer Perspektive ein Riegel vorgeschoben werden. Damit dies geschieht, braucht es eine echte Reparatur-Revolution – ein Umdenken und Umsteuern in der Gesellschaft und Politik. Die Reparaturfreundlichkeit aller Produkte muss erhöht und die Reparatur in jeder Hinsicht attraktiver und wettbewerbsfähiger werden.
Aktuell wird in den verschiedensten Bereichen der Umweltpolitik viel über die Senkung des Ressourcenverbrauches und mögliche wirksame Ansätze für zukunftsfähige Wirtschaftsformen diskutiert. Hierzu zählen u.a. ein Kreislaufwirtschaftspaket auf EU-Ebene und ProgRess in Deutschland. Auch das Ziel 12 der Sustainable Development Goals erfordert hier ein Umdenken.
Der Runde Tisch Reparatur fordert daher, dass die Politik die Verlängerung der Produktnutzung durch die Reparatur als ein wichtiges Element in diese Debatten einbringt, z.B. um ein neues Kreislaufwirtschaftspaket der EU, um das nationale Programm für Ressourceneffizienz und die Umsetzung des Abfallvermeidungsprogrammes, um die Weiterentwicklung der EU Ökodesign Richtlinie oder um die Ausgestaltung der untergesetzten Regelungen des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und des Elektroaltgerätegesetzes, und auf diese Weise das Ziel des Ressourcenschutzes, die lokalen Arbeitsmärkte und den Klimaschutz fördert.
Zu unseren Forderungen für ein Recht auf Reparatur
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