Stellungnahme zur Nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie

Stellungnahme des Runden Tisch Reparatur zum Entwurf der Nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie

Der Runde Tisch Reparatur begrüßt den Entwurf der Nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie. Die Strategie erkennt die Rolle der Reparatur für eine effektivere und nachhaltigere Nutzung von Ressourcen an und formuliert wichtige Maßnahmen für die Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Reparatur. Zentrale Maßnahmen in Bezug auf Reparaturkosten und die Sicherung von Fachkräften für den Reparatursektor fehlen jedoch.

Für eine Kommentierung übergreifender Themen verweist der Runde Tisch Reparatur auf die Stellungnahme des Netzwerk Ressourcenwende, die er unterstützt.

Folgende Punkte möchten wir ergänzen:

3.3 Nachhaltiger Konsum und Handel

Förderung von Reparaturen

  • S. 25: Die Etablierung eines „Systems für den Zugang von Reparateuren zu Ersatzteilen in Deutschland“ ist sinnvoll, sofern es so unbürokratisch und inklusiv wie möglich gestaltet wird.[1]
  • Hohe Kosten für Reparaturen sind der Hauptgrund dafür, dass Menschen weniger reparieren als sie es sich wünschen würden.[2] Entsprechend ist es dringend erforderlich, das Verhältnis zwischen Reparaturkosten und den Preisen für neue Produkte für Verbraucher*innen attraktiver zu gestalten.
    • S. 25: Ergänzung für Reparaturfördermaßnahmen: Um die Attraktivität von Reparaturen im Vergleich zum Neukauf zu erhöhen, sollte ein bundesweiter Reparaturbonus eingeführt werden. Eine Finanzierung über die Erweitere Herstellerverantwortung könnte durch Öko-Modulation Aspekte wie Reparierbarkeit und Langlebigkeit in die Berechnung der Gebühren mit einbeziehen und somit die Hersteller langlebiger und reparierbarer Geräte entlasten.
    • S. 25: Ergänzung für Reparaturfördermaßnahmen: Um die Attraktivität von Reparaturen im Vergleich zum Neukauf zu erhöhen, sollte die Mehrwertsteuer für Reparaturdienstleistungen auf 7 % gesenkt werden.

3.10 Qualifizierung

Im Hinblick auf Kompetenzaufbau ist zu beachten, dass auch bestehende kreislaufrelevante Berufe gestärkt werden müssen. Die Bundesregierung erkennt in ihrem „Transformationsbericht Kreislaufwirtschaft“[3] im Fachkräftemangel in zirkulären Arbeitsfeldern einen „Flaschenhals“. Noch fehlen jedoch konkrete Lösungsansätze und ein Zukunftsbild für die Entwicklung des Reparatursektors, der sich durch einige Besonderheiten auszeichnet (z.B. kein dezidiertes Berufsbild, hoher Anteil an Selbständigen). Die in 3.10 beschriebene Maßnahmen reichen nicht aus, um die Zahl der im Reparatursektor beschäftigten Personen zu erhöhen. Neben der beschriebenen und wichtigen Integration zirkulärer Kenntnisse in der schulischen Bildung (hier sollten insbesondere auch das Erlernen praktischer Reparaturfähigkeiten und Erfahrungen mit handwerklichen Tätigkeiten im Vordergrund stehen) und der Vernetzung relevanter Akteure, sollte die NKWS weitere Maßnahmen in Bezug auf Reparaturkompetenzförderung enthalten. So gilt es beispielsweise zu prüfen, inwiefern Einstiegsmöglichkeiten in gewerbliche Reparaturtätigkeiten erleichtert werde können. Gleichzeitig braucht es eine verstärkte Kommunikation und Darstellung von benötigten Kompetenzanforderungen, Nachweispflichten und Qualifizierungsmöglichkeiten für relevante Zielgruppen (insbesondere vor der Berufswahl stehende Personen und vor einem Berufswechsel stehende Personen).

4.5 IKT

4.5.3 Vision, Ziele und Indikatoren

  • S. 70: Wir unterstützen insbesondere das Ziel, die Anzahl der Reparaturbetriebe, der Beschäftigten und des Umsatzes in solchen Betrieben zu erhöhen und ein quantifizierbares Ziel festzulegen.

4.5.4 Konkrete Maßnahmen und Instrumente

  • S. 71: Wir unterstützen insbesondere das Ziel, herstellerübergreifende Nutzung und den Austausch von Teilen zu ermöglichen.
  • S. 71: Um die Wiederverwendung von Elektrogeräten zu stärken, sollte die aktuell freiwillige Kooperation zwischen Wertstoffhöfen und Erstbehandlungsanlagen (z.B. Reparaturbetrieben und -initiativen) verbindlich vorgeschrieben und die bürokratischen Hürden hierfür verringert werden. Auch Hersteller und Vertreiber sollten zur Kooperation mit Wiederverwendungsinitiativen sowie zum schrittweisen Aufbau einer Wiederverwendungsinfrastruktur verpflichtet werden. Eine frühzeitige Separation, etwa bereits bei der Rückgabe der Elektrogeräte würde Transportschäden minimieren und könnte zudem Hinweise der Verbraucher*innen zur Funktionsfähigkeit der Geräte berücksichtigen. [4]
  • S. 72: Wir unterstützen insbesondere die Förderung von Open Source-Innovationen
  • S. 72: Wir unterstützen die Verankerung von Ökomodulation in der Erweiterten Herstellerverantwortung, um Hersteller langlebiger und reparierbarer Geräte zu entlasten. Eine Ökomodulation kann bereits auf nationaler Ebene eingeführt werden, unabhängig von der Entwicklung der WEEE-Richtlinie (siehe Frankreich als Beispiel).

4.7 Bekleidung und Textilien

4.7.1 Status-Quo, Potential und Hemmnisse (Bekleidung und Textilien)

  • Unsere Empfehlung ist, für den Textverlauf im Kapitel 4.7 nicht das Wort „Textilie“ bzw. „Textilien“ zu verwenden. Gewinnbringender ist die Formulierung „Kleidung, Schuhe und andere Textilien“ oder kurz „KST“, um auch nicht-gewebtes oder -geflochtenes Material wie beispielsweise viele Bestandteile von Schuhen in den Anwendungsbereich einzubeziehen.[5]
  • S. 80: Für Reparateure ist es wichtig zu wissen, welche Materialien verbaut wurden. Das betriff vor allem das Sohlenmaterial. Entsprechend sollten Reparierende ebenfalls die für sie relevanten Informationen erhalten:

„Des Weiteren ist es wichtig, Produkte für Haltbarkeit, Wiederverwendbarkeit und Reparierbarkeit auszulegen und Informationen über diese Aspekte und beispielsweise zur Materialzusammensetzung der Textilien entlang der Lieferkette zwischen Textillieferanten, Markenketten, Reparierende und Textilrecyclern weiterzugeben. Diese Informationsweitergabe ist aktuell häufig unzureichend.“

4.7.3 Vision, Ziele und Indikatoren

  • S. 81: Ergänzung

Ein Bewusstseins- und Kulturwandel findet auch in Unternehmen statt. Sie informieren Verbraucherinnen und Verbraucher zum Thema Langlebigkeit der Kleidung und Schuhe (insb. im Hinblick auf Pflege und Reparatur) und implementieren zirkuläre Geschäftsmodelle. Diese stützen sich auf neue Kennzahlen für unternehmerische Erfolge.

  • S. 81: Unterstützung des Ziels

In der Kreislaufwirtschaft stehen ausreichend Fähigkeiten und Fachkräfte zur Verfügung. Es gibt nicht nur spezifische Hochschulen oder regionale  Ausbildungszentren, sondern auch Berufsschulen in breiter Fläche.

  • S. 82: Unterstützung des Ziels

Erhöhung der Anzahl der Reparaturbetriebe, der Beschäftigten und des Umsatzes. Festlegung eines quantifizierbaren Ziels bis Ende 2027.

  • S. 82: Ergänzung

Die Bundesregierung wird sich dafür einsetzen, dass bei den Verhandlungen zu einer EU-Produktregelung für Textilien im Rahmen der ESPR ambitionierte Mindestanforderungen für die Haltbarkeit festgelegt und Rahmenbedingungen geschafften werden, um den Einsatz von rezyklierten Fasern zu erhöhen. Zudem setzt die Bundesregierung sich dafür ein, Schuhe in den Anwendungsbereich der Produktregelung aufzunehmen, um die Haltbarkeit, Reparierbarkeit und Recyclingfähigkeit von Schuhen zu verbessern.

4.7.4 Konkrete Maßnahmen und Instrumente

  • S. 82: Unterstützung für die Nutzung des „Tag der Reparatur“ als Anlass für Informationskampagnen und -veranstaltungen
  • S. 82: Unterstützung für den Austausch mit kommunalen Institutionen.
  • S. 83:  Unter der Schuhfertigung wird die industrielle Fertigung verstanden und nicht Schuhmacherei und Schuhreparatur. Entsprechend sollten diese Aktivitäten explizit genannt werden:

„Vor allem sollen Berufe der Mode- und Änderungsschneiderei, Schuhmacherei und Schuhreparatur, Textil- und Schuhfertigung, Textilreinigung und weitere technische Ausbildungsberufe für die Fachrichtungen Textil- oder Bekleidungstechnik unterstützt werden.“

  • S. 83: Ergänzung: Auszubildende und Betriebe stärke über Berufsausbildungsbeihilfe informieren

Ausbildungsinteressierte sollen über die Möglichkeiten der finanziellen Unterstützung besser beraten werden und bei den Ausbildungskosten mehr Unterstützung erhalten.


[1] Siehe hierzu: Runder Tisch Reparatur (2021): Gestaltung eines Reparaturregisters in Deutschland. https://runder-tisch-reparatur.de/wp-content/uploads/2021/03/Registerpapier_RTR.pdf

[2] Häufig durch Umfragen belegt, u.a. im Rahmen der Vertiefungsstudie zur Umweltbewusstseinsstudie: https://runder-tisch-reparatur.de/umwelteinstellungen-neue-umfrage-bestaetigt-hohe-kosten-als-haupt-hindernis-fuer-reparaturen/

[3] https://www.bundesregierung.de/resource/blob/975274/2267582/41d556399a506f2b1bf06fdeb80428d2/2024-03-27-transformationsbericht-kreislaufwirtschaft-data.pdf?download=1

[4] Weitere Informationen hierzu siehe Stellungnahme der DUH zum Elektrogesetz, S.9-10: https://www.duh.de/fileadmin/user_upload/download/Projektinformation/ElektroG/240503_DUH_Stellungnahme_ElektroG_2024.pdf

[5] Für nähere Erläuterungen dazu, siehe Stellungnahme von „Repair Your Pair“ zum Entwurf der NKWS.