RTR Zukunftswerkstatt: Die Reparatur ist nicht alles. Aber ohne Reparatur ist alles nichts.

Am 19 Januar fand in Berlin eine Zukunftswerkstatt des Runden Tisches Reparatur statt. Einen Tag lang haben sich die fünfunzwanzig TeilnehmerInnen die Zeit genommen, die Frage nach der Bedeutung und der Zukunft der Reparatur ganz grundsätzlich und aus einer langfristigeren Perspektive zu stellen. Auf der Tagesordnung standen Fragen wie: „Wie geht Nachhaltigkeit in Bezug auf unsere Alltagsprodukte? Und was bedeutet eine solche neue, nachhaltigere Zukunft für die Reparatur? Brauchen wir in Zukunft noch die Reparatur und wer sind die Reparateure der Zukunft?“

Ausgehend von der Annahme, dass ein „weiter so“ nicht möglich ist, wurden Grundsatzfragen gestellt und diskutiert und Strategien bewertet, die als Ausweg aus der ökonomischen und ökologischen Sackgasse in Frage kommen, in der sich Konsumenten, Hersteller, Gesetzgeber und damit die gesamte Gesellschaft befinden. Denn dass der Übergang in eine Zukunft, die mittelfristig mit einem Bruchteil an Ressourcen einen vergleichbaren Wohlstand erzeugen soll, kein Kinderspiel ist, liegt auf der Hand.

Obwohl mit den SDGs (Sustainble Development Goals“, dem Bekenntnis zur Kreislaufwirtschaft von Seiten der Bundesregierung und der EU und durchaus ehrgeizigen Ressourceneinsparzielen der Rahmen gesetzt wurde, ist immer noch nicht erkennbar wie genau die Transformation dieser Märkte und Nutzungsregime im Sinne eines wirklich zukunftsfähigen Konsums aussehen wird.

In diesem Dokument werden die Themen und Ergebnisse des Workshops nicht immer chronologisch aufbereitet und es wird der Versuch unternommen, den Diskurs, die Inputs und die Ergebnisse auf ihre Bedeutung für das Thema Reparatur zurückzuführen. Die Präsentationen der Experten sind im Anhang (als Dokumentation) zu finden, das gilt auch für die Ergebnisse einzelner Arbeitsschritte.

Der Workshop fing mit einem Vortrag von Nikolaus Marbach (Sustainable Design Center e.V.) an, der den großen Rahmen beschrieb, in dem wir uns bewegen und machte vor allem deutlich, dass jede echte Lösung im Sinne der Nachhaltigkeit eine absolute Entkopplung vom Ressourcenverbrauch erfordert.

Effizienzstrategien hätten oft kontraproduktive Effekte und Konsistenzstrategien alleine würden nicht ausreichen. Suffizienz-Strategien seien zwar hochwirksam – hätten es aber heute noch in der Gesellschaft sehr schwer. Dass eine Transformation im Sinne einer ressourcenschonenden Wirtschafts- und Gesellschaftsweise durchaus möglich wäre und zwar marktkonform – machte er mit einem Gedankenspiel deutlich, dass die Einführung einer Zweitwährung vorsieht, die ausschließlich die Menge der Ressourcen abbilde, die entlang des Lebenszyklus mit der Herstellung und dem Gebrauch von Gütern und Dienstleistungen einhergehen.

Christine Ax stellte anschließend Beispiele und Überlegungen von Designern vor, die über Produkte, Produkt-Dienstleistungs-Systeme und Businessmodelle nachdenken und beispielhaft entwickeln, die für die Kreislaufwirtschaft konzipiert sind und nachhaltigen, ressourceneffizienten Konsum ermöglichen.

Siegfried Berendt (IZT) sprach über die Ergebnisse verschiedener Forschungsvorhaben und die Bedeutung und die Chancen von Wiederverwendungsmärkten für einen nachhaltigeren Umgang mit Produkten und Ressourcen.

Dr. Rajnish Tiwari (TU Harburg) stellte das Thema „Frugale Innovation“ vor: Eine Technikphilosophie, die einerseits dem Gedanken der sozialen Inklusion und einer „Kultur des Genug“ nahesteht (langlebige, robuste, kostengünstige, einfache Lösungen), gleichzeitig aber immer auch Gefahr läuft, durch Kostensenkungen Reboundeffekte zu befeuern.

Dr. Eberhard Seifert, sprach über die Chancen, die mit der noch jungen Wissenschaft der Bionik verbunden sein können und wies darauf hin, dass Selbstheilung – also die Reparatur – ein lebensförderndes Prinzip sei, dass die Natur kenne und uns vormache.

Ralf Zimmermann reflektierte den Zusammenhang zwischen Open Source und Open Innovation, Nachhaltigkeit und Ressourceneffizienz.

In einem zweiten Schritt wurden die Inputs diskutiert und im Rahmen eines World-Cafés von den Workshops-Teilnehmern und Teilnehmerinnen diskutiert und bewertet.

Am Ende entstand das anspruchsvolle Bild einer multioptionalen Landschaft. Grundzüge von Best-Case-Szenarien für deutlich nachhaltigere Produktwelten, Wertschöpfungsketten und Nutzungsregime.

Diese setzen aber durchweg ein ganzes Bündel an Maßnahmen und Veränderungen voraus. Einfache Lösungen sind nicht in Sicht. Sollte es jedoch gelingen, mit dem richtigen Mix aus technischen, ökonomischen und rechtlichen Maßnahmen die Transformation dieser komplexen Systeme in die richtige Richtung zu bewegen, könnte durchaus eine Dynamik entstehen, die viele Gewinner kennen würd. Die Reparatur, die viele Gesichter haben kann, gehört ganz sicher auch dazu und dürfte in Zukunft nicht nur wichtiger sondern auch anspruchsvoller und vielfältiger werden.

Damit ein Recht auf Reparatur heute umgesetzt und gelebt werden kann, braucht es eine ganze Reihe rechtlicher sowie ökonomischer und technologischer Innovationen. Denn was nützt uns ein Recht auf Reparatur, wenn es in der Praxis nicht auch umfassend und überall gelebt werden kann?

Mag sein, dass die Reparatur die Welt nicht retten kann, aber ohne Reparatur ist die Welt auf keinen Fall zu retten.

Hier geht es zur Dokumentation (Ergebnisbericht):

Zukunftswerkstatt_RTR__Welche_Zukunft_hat_die_Reparaturfin2